Marketingtrends im Mittelstand

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Aussichtsfernrohr mit Drehknopf zur Einstellung der Schärfe

„Turn to clear vision“ – wenn doch der Blick auf die Marketingtrends des Mittelstands ähnlich simpel wäre. © stockelements / Shutterstock.com

Zum Jahreswechsel wird allerorts der Blick in die Glaskugel gewagt. Wir gehen einen Schritt weiter und versuchen einen Ausblick auf die mittelfristigen Marketingtrends, d.h. die Trends der nächsten fünf Jahre im Marketing für den Mittelstand.

Marketingtrend 1: Video

Dass Videomarketing für den Mittelstand immer interessanter wird, ist schon fast eine Binsenweisheit. Die Gründe hierfür wurden im Beitrag „Unternehmensvideos: Warum Bewegtbild für Unternehmen immer wichtiger wird“ bereits umfassend erläutert:

  • Hohe Nutzerakzeptanz
  • Hohe Interaktionsraten
  • Sinkender Aufwand auch bei guter Qualität

Dazu kommen zwei Gründe, die unseres Erachtens die Basis dafür sind, dass Videomarketing auch mittelfristige eine zentrale Rolle im Mittelstandsmarketing spielen wird.

  1. Die Bereitschaft und die Fähigkeit, sich mit längeren Texten zu befassen nimmt immer weiter ab. Zwar wird so viel gelesen wie noch nie, betrachtet man aber die Qualität der „Alltagstexte“, z.B. von elektronischen Kurznachrichten oder E-Mails, fällt eines auf: Komplexität oder Emotionalität werden zunehmend nicht als Text, sondern in Zeichen, Emoticons oder Video-Snippets transportiert 🙂
  2. Suchmaschinen werden immer besser darin, auch Bewegtbild zu interpretieren. Damit wird das Video auch unter SEO-Gesichtspunkten immer interessanter und besitzt das Potenzial, Texte in vielen SEO-relevanten Bereichen zu ersetzen.

Marketingtrend 2: Social Media im B2B

Die einschlägigen Studien zeigen, dass Social Media im B2B-Marketing noch keine Selbstverständlichkeit ist. Wo Social Media stattfindet, fehlt häufig eine integrierte Strategie. Das wird sich in den nächsten Jahren aus folgenden Gründen ändern:

  1. Die Zahl der Berufstätigen, für die der Austausch auf sozialen Medien schon seit der Kindheit eine Selbstverständlichkeit ist, steigt in den kommenden Jahren signifikant an.
  2. Die Grenzen zwischen Privat- und Berufsleben verschwinden zunehmend. Ähnlich verhält es sich mit der Beschaffung und dem Austausch von Informationen.
  3. Die Glaubwürdigkeit „anonymer“ Werbung sinkt. Informationen mit nachvollziehbarem und personalisiertem Absender werden in der Folge relevanter.

Dennoch muss Social Media im B2B natürlich den Nachweis der Wirtschaftlichkeit erbringen. Dabei wird es nicht genügen, sich auf die von den Plattformen dokumentierten Kontaktzahlen zu verlassen. Vielmehr müssen KPIs gefunden werden, die als valider Indikator für einen positiven ROI dienen.

Marketingtrend 3: Nutzung von Big Data

Mittelständler leben häufig von intuitiver Markteinschätzung. Marktforschung stehen sie oft skeptisch gegenüber – nicht zuletzt wegen des damit verbundenen Aufwands. Eine ebenso kostengünstige Hilfe bei der Marketingplanung wird dabei (noch) häufig übersehen.

Fast jedes Unternehmen verfügt mittlerweile über aussagekräftige Daten aus ERP, CRM, Web-Analytics. Mit der Zunahme von Cloud-Lösungen könnten hierzu noch qualitative Daten kommen, z.B. die automatisierte, semantische Auswertung von Kundenkommunikation.

Diese Daten sind eine hervorragende Basis für effektive Analysen mittels geeigneter und kostengünstiger Tools. Diese können unternehmerische Entscheidungen zwar nicht ersetzen. Sie werden aber z.B. dazu beitragen, Fehlentscheidungen aufgrund von subjektiven Fehleinschätzungen oder systematischen Beurteilungsfehlern zu vermeiden.

Marketingtrend 4: Service durch Digitalisierung

Digitalisierung bietet neue Optionen nicht nur in der Kommunikation und der Produktion. Auch in der Kreation von Produkten und insbesondere bei Mehrwertservices dürften sich dem Mittelstand in den nächsten Jahren interessante Optionen ergeben. Dazu einige Beispiele:

  • Energieversorger könnten ihre Kunden per App und/oder bereitgestelltem Device beim Stromsparen unterstützen (und gleichzeitig einen nachhaltigen Kommunikationskanal etablieren).
  • Maschinenbauer könnten ihre Produkte standardmäßig mit Datenbrillen ausliefern, die den First-Level-Support um ein vielfaches vereinfachen.
  • Logistiker könnten das passive Tracking durch aktive Push-Benachrichtigungen inkl. digitaler Empfangsbestätigung ergänzen.
  • Handwerker könnten online Budgetplaner zur Verfügung stellen und sich somit einen Teil der für Anbieter und Kunden gleichermaßen frustrierenden Angebotserstellung sparen.
  • Agenturen könnten ihren Kunden (Nahezu-)Echtzeit-Statistiken zu Projektfortschritt und Budget zur Verfügung stellen.

Marketingtrend 5: Qualität statt Quantität

Die Zahl der Marketingbotschaften nimmt exponentiell zu. Folgen sind ein immer geringerer „share of voice“ und eine verminderte Intensität. Gehört werden wird aber auch in Zukunft, wer relevante Inhalte kommuniziert. Ändern wird sich nach meiner Einschätzung aber die Art, wie Informationen gefiltert werden. Zwei Trends, die bereits heute bestehen, werden sich dabei verstärken:

  • Intelligente Maschinenfilter: Die Vorselektion von Information durch Algorithmen bei Facebook, Twitter etc. sorgt schon heute dafür, dass ich nur einen Bruchteil der abonnierten Information erhalte. Deutlich optimierungswürdig ist dabei jedoch die Relevanz dieser Selektion: Was sind meine tatsächlichen Interessen und welche Einflüsse sind situativer Natur? Ein Beispiel dafür ist die Werbung, die ausgespielt wird, wenn ich Mediadaten für Datingplattformen recherchiert habe. Die gute Nachricht: Die Algorithmen werden besser werden, denn deren Optimierung ist in der Geschäftsmodell-DNA der Plattformbetreiber verankert. Inwieweit Programmatic Advertising schon eine nächste Evolutionsstufe dieses Prozesses darstellt, muss sich noch zeigen.
  • Trusted Advisors: Was auch der beste Algorithmus mittelfristig wahrscheinlich nicht leisten kann, ist die valide Projektion von Interessen in die Zukunft. Wen z.B. aus Hunderten von Bewerbern (oder wahlweise aus Hunderten von Jobs) die beste Option gefunden werden soll, wird das persönliche Netzwerk die entscheidende Beraterrolle spielen. Befragt wird dann nicht der komplette Facebook-Freundeskreis, sondern ein exklusiver Kreis vertrauter Berater. Deren Urteil wird  die Intelligenz der Masse im Zweifel ausstechen.

Im Ergebnis wird die verbesserte Informationsselektion dazu führen, dass speziell bei gut gebildeten und verdienenden Zielgruppen die Ansprüche an die Qualität von Information steigen wird. Qualität ist dabei durchaus mehrdimensional zu verstehen: semantisch, sprachlich, ästhetisch.

Und jetzt?

Zugegeben – welche Marketingtrends sich tatsächlich durchsetzen, steht in den Sternen und viele Marketingpropheten liegen regelmäßig daneben. Insofern freuen wir uns auf Kritik und Kommentare. Mit welchen Prognosen liegen wir falsch? Welche Trends haben wir vergessen?